Gemeinde Perchtoldsdorf will Schulden vorläufig nicht zurückzahlen

Perchtoldsdorf: Idyllischer Weinort, aber hoch verschuldet

Perchtoldsdorf. Am 7.  Juni wird bekanntlich die Gemeinderatswahl in Perchtoldsdorf wiederholt, und da ist es kein Wunder, wenn der Ton zwischen den Parteien noch schärfer wird. Jüngster Stein des Anstoßes: Am vergangenen Freitag erhielten alle Gemeinderäte die Aufforderung des ÖVP-Bürgermeisters und Finanzreferanten Martin Schuster, einem Antrag auf Aussetzung der Schuldenrückzahlung für die Jahre 2020 und 2021 per Umlaufbeschluss zuzustimmen. Das bedeutet, dass 2020 Schulden in der Höhe von 2,4 Millionen und für 2021 Schulden in der Höhe von 3,2 Millionen nicht bezahlt werden sollen.

SPÖ und Bürgerliste lehnen dieses Ansinnen ab und fordern eine öffentliche Gemeinderatssitzung zu diesem Thema.

“Ein derartiger Beschluss, mit derart weitreichenden Folgen für die Perchtoldsdorfer Bürgerinnen und Bürger, muss transparent, mit der Möglichkeit der Diskussion, der Möglichkeit der Änderung der Anträge und öffentlich erfolgen. Das ist bei einem Umlaufbeschluss nicht der Fall”, argumentiert SPÖ-Klubchef Anton Plessl.

Bürgerlisten-Mandatar Helmuth Kittinger schreibt: “Weil also die Gemeinde kein Geld mehr hat (und das nicht nur erst seit Corona, wie man uns weismachen will), soll die Bedienung der Darlehen ausgesetzt werden – für satte zwei Jahre. Mein Vorschlag: Gehen wir alle doch gleich morgen zur Bank unseres Vertrauens und sagen den Beratern: ‘Verzeihung, ich zahle jetzt mal zwei Jahre nichts zurück, sie wissen schon, es ist wegen des Virus.’ Wird wohl nicht funktionieren. Zudem: Wer seine Raten nicht zahlt, spart nicht, sondern verschiebt seine Schulden weiter in die Zukunft.”

Perchtoldsdorf hatte 2019 noch Bankschulden in Höhe von  17,9 Mio. Euro und Haftungen von 35,4 Mio Euro. Der Rechnungshof kritisierte 2019 den Finanzhaushalt von Perchtoldsdorf und sprach u.a. von großzügiger Finanzgebarung. Manche Spitzenbeamte verdienen mehr als doppelt so viel wie der Bürgermeister.

Perchtoldsdorf ist freilich nicht die einzige Gemeinde Österreichs, die verschuldet ist. Laut Statistik Austria ist jede NÖ-Gemeinde im Schnitt mit 2.187 Euro pro Einwohner verschuldet, macht also bei rund 15.000 Perchtoldsdorferinnen und Perchtoldsdorfern an die 33 Millionen Euro aus.