Hofrat Mag. Anton Plessl, 78, ist das dienstälteste Gemeinderatsmitgied von Perchtoldsdorf, angeblich sogar von ganz Niederösterreich. Seit 1970 lenkt der gebürtige Perchtoldsdorfer und ehemalige Landesschulinspektor von Wien die Geschicke der Marktgemeinde mit. Er ist Klubobmann der SPÖ und Geschäftsführender Gemeinderat.
noe24.: Herr Hofrat Plessl, Sie sind der dienstälteste Gemeinderat von Perchtoldsdorf, waren Lehrer, Landesschulinspektor und sind selbst Großvater. Wie erleben Sie die derzeitige Corona-Krise? Wie schützen Sie sich persönlich vor Ansteckung?
Plessl: Ich halte mich streng nach den Empfehlungen, ich meide jedweden Kontakt, auch den, was mir sehr schwerfällt, zu meinen Enkelkindern. Händewaschen und Verwendung von Desinfektionsmittel sind mir zur Selbstverständlichkeit geworden. Der Einkauf ist für mich kein Problem, da ich als ehemaliges Mitglied des Zivilschutzverbandes die Bevorratung immer sehr ernst genommen habe. Wenn ich mit Menschen in Berührung komme, trage ich eine Maske. Ich habe vor einigen Jahren für eine Reise nach Nepal 20 Masken gekauft, wegen der dortigen Luftverschmutzung. Meine Maske ist noch bis 1.10.2022 laut Ablauffrist verwendbar.
noe24: Wie ist die Stimmung derzeit im Ort und auch unter den Kolleginnen und Kollegen im Gemeinderat?
Plessl: Ich glaube, die Stimmung ist zufriedenstellend, derzeit überwiegt der Optimismus. Dies vor allem auch deshalb, weil auf allen Ebenen Transparenz herrscht. Und weil der Austausch über soziale Medien erfolgen kann. Probleme sehe ich in der Information betreffend ältere Menschen, die nicht auf Facebook sind. Hier sollte man verstärkt auf postalische oder andere „handfeste“ Informationen setzen.
Welche Ratschläge haben Sie für die Bevölkerung, diese Situation physisch, aber auch psychisch gut zu überstehen? Ich denke hier vor allem an Familien mit Kindern in engen Wohnverhältnissen, aber auch an die vielen einsamen, älteren Menschen, zu denen sich noch zusätzlich ganz besonders die Angst vor einer Ansteckung oder schweren Erkrankung gesellt.
Es besteht kein Grund zur Panik, wenn man die Ratschläge befolgt. Familien mit Kindern empfehle ich das, was auch meine Tochter und mein Schwiegersohn mit ihren Kindern machen: Auch Spaziergänge, aber ohne Begegnung mit anderen Personen. Und nur Spaziergänge und keine Aktivitäten mit hoher Verletzungsgefahr. Denn ein notwendiger Spitalsbesuch könnte problematisch werden.
Auch die vielen Angebote des Fernsehens, die zugeschnitten sind auf Kinder, können wahrgenommen werden. Ganz wichtig ist auch die Strukturierung des Tages. Man sollte an den Ritualen eines Schultages festhalten. Keine Sorge muss man sich wegen des Entfalls von Unterricht machen. Als ich mit dem Unterrichten begonnen habe, wurden wegen Lehrermangel Gegenstände oft ein ganzes Jahr nicht unterrichtet. Und es ist auch eine tüchtige Generation geworden.
Bei älteren Menschen empfehle ich den Kontakt mit dem Telefon und keine Scheu zu haben, um Hilfe zu bitten.
Auch für die Perchtoldsdorfer Wirtschaft ist die derzeitige Situation sehr kritisch. Ich denke an die vielen Heurigen und Restaurationsbetriebe, die zusperren mussten, aber auch an viele Einzelunternehmer, die vielleicht nicht mehr wissen, wie sie die nächste Miete zahlen sollen, von Steuer und Sozialversicherung ganz zu schweigen. Wird es hier eine Unterstützung auch seitens der Gemeinde geben?
Es ist von Seiten der Regierung ein Maßnahmenpaket, das die Unterstützung auch der Sozialpartner hat, geschnürt worden. Selbstverständlich wird auch die Gemeinde nach Maßgabe der finanziellen und gesetzlichen Möglichkeiten Handlungen zur Unterstützung der vielen Kleinbetriebe setzen. Vor allem unsere Weinhauer dürfen nicht zusperren. Denn sie tragen viel zum Wesen und zur Bedeutung unseres Ortes bei. Diese Krise soll nicht wie die „Reblauskrise“ (1887) mit dem Sterben vieler Weinbaubetriebe enden. Vorstellbar sind, und ich bin da einer Meinung mit Bürgermeister Schuster, bei begründeten Ansuchen die Stundung von Mieten und Gebühren. Da uns dazu jedwede Erfahrung fehlt, wird es dazu sicher noch weitere Überlegungen geben.
Wie optimistisch sind Sie, was die Dauer der rigorosen Maßnahmen betrifft?
Diese Frage ist für mich schwer zu beantworten, weil die Maßnahmen erst seit kurzem gelten. Wie sie greifen und in welcher Form sie die Dauer beeinflussen, können nicht einmal Fachleute beantworten. Aber der bisherige Umgang mit der Krise stimmt mich optimistisch.
Wird Corona die Gesellschaft in Perchtoldsdorf verändern und wenn ja, wie?
Ich halte den Einfluss für sehr gering. In Perchtoldsdorf ist der soziale Zusammenhalt sehr ausgeprägt. Dieser wird jetzt hochgefahren, weil es notwendig ist. Weil ältere Menschen die Hilfe der Jüngeren brauchen. Und weil wir ein Team sind (© Rotes Kreuz). In den sozialen Medien sind die vielen Angebote der Hilfe dafür sehr erfreulich.
Und nach der Krise, ich hoffe auf ein rasches Ende, werden wir wieder gemütlich beim Heurigen sitzen, die Schönheit unserer Heide und des Waldes genießen und uns an den kulturellen Angeboten erfreuen. Und wir werden in der politischen Diskussion wieder die Themen hochfahren, die jetzt liegen bleiben!
Das Interview führte Lothar Schwertführer