Perchtoldsdorf: Mit dem Stück “Moliére oder der Heiligenschein der Scheinheiligen” des aus Kiew stammenden Schriftstellers Michail Bulgakow (1891-1940) beendet Michael Sturminger seine neunjährige Amtszeit als Intendant der Perchtoldsdorfer Sommerspiele. Eine Vertragsverlängerung mittels Auswahlverfahren komme für ihn, den Starregisseur (“Jedermann”, etc.), nicht mehr in Frage, wie er im ORF-Radio kundtat. Das Perchtoldsdorfer Polit-Urgestein Toni Plessl (SPÖ) bezeichnet dies als schweren Verlust für die Marktgemeinde.
Jedenfalls setzte Sturminger, der heuer selbst inszenierte, mit “Moliére” einen gelungenen Schlussakkord hinter seine Perchtoldsdorfer Wirkungsperiode. Minutenlanger, donnernder Applaus bei der Premiere vor der Burg waren ein deutlicher Beweis.
Die Handlung, die sich um den großen französischen Dichter Moliére (wurde vor 400 Jahren geboren) und dessen scheinheilige Kontrahenten König Ludwig XIV. und den Pariser Erzbischof Marquis de Charron dreht, lebt in der Sturminger’schen Fassung vor allem durch die herausragende Leistung der Schauspielerinnen und Schauspieler. Birgit Stöger als heuchlerischer, nach oben buckelnder und nach unten tretender Erzbischof war einfach genial, besser hätte man diese Rolle nicht spielen können.
Auch Michou Friesz als Sonnenkönig Ludwig XIV. und Wojo van Brouwer als Jean-Baptiste Poquelin de Moliére waren ein Volltreffer. Nein, man muss eigentlich dem ganzen Team größten Respekt zollen.
Obwohl das Stück mit viel Barockmusik, heißen Liebesszenen und großartigen Kostümen ausgestattet ist, zog es sich vor allem in der ersten Hälfte stellenweise ein wenig dahin. Und auch in der zweiten Halbzeit wäre etwas weniger mehr gewesen.
Insgesamt aber ein vergnüglicher Theaterabend, an dem sogar die Gelsen halbwegs verständnisvoll waren. Und der zum Nachdenken anregte, wie man heute mit kritischen Geistern in unserer Gesellschaft umgeht. LS