Perchtoldsdorf ist kein Dorf (auf den Straßenverkehr bezogen)

Ein Gastbeitrag von Franz Gerhart

Der Verkehr hat sich in den Jahrzehnten stark verändert. Angefangen bei Fahrzeugen, die wesentlich breiter wurden. Sieht man an älteren Gebäuden die angebauten Garagen, stellt man fest, dass diese im besten Fall noch für Klein-KFZ genügen oder zu Geräteschuppen mutierten. Die Anzahl der KFZ je Haushalt sehe ich bei 1,5 und bedeutet für Perchtoldsdorf rund 11.000 Fahrzeuge, die täglich geparkt werden müssen. 

Fließender Verkehr funktioniert nur in den Straßen, die zu Einbahnstraßen wurden. Bei vielen Straßen/Gassen in Perchtoldsdorf funktioniert es meist nur mehr mit „Stop & Go“. 

Die Gefährlichkeit der Situation wird unterschätzt und ignoriert. Um die Verantwortung abzuschieben, lässt die Gemeinde in Abständen teure Verkehrsgutachten erstellen. Scheinbar ist die oberste Vorgabe, keine Veränderung der Situation herbeizuführen.

Aus meiner Sicht handelt der Verkehrsplaner fahrlässig. Das Außer-Achtlassen der StVO in Bezug auf Fahrbahnbreiten und damit Sicherheit ist erstaunlich.

Paradebeispiel für enge Gassen ist die Ambros Rieder Gasse, die derzeit für starke Diskussionen sorgt

In den Nebenfahrbahnen zeigt sich ein erschreckendes Bild. Einsatzfahrzeuge der Feuerwehr hätten im Brandfall keine Möglichkeit, zum Einsatzort zu gelangen. Ich denke, dass der jeweilige Kommandant der Feuerwehr auch immer wieder darauf hinweist.

Es gibt Straßen, wo auf hunderte Meter nur ein Fahrstreifen frei bleibt, weil der Rest zugeparkt ist. Hier ist nicht der Betrieb/Lokal verantwortlich, sondern das Fehlen der Einbahn. Dass dann in einzelnen Straßen auch der Gehsteig fehlt, ist nur die Sahnehaube der Versäumnisse.

WAS IST ZU TUN?

Der Verkehrsplaner sollte von der Gemeinde den Auftrag erhalten, ein realistisches Bild der Gegebenheiten zu erarbeiten, Einbahnführungen und Ringlösungen zu erarbeiten. Eine Herkulesaufgabe. Politisch ein Albtraum. Jeder Bürgermeisterin/Bürgermeister schlagen dann Wellen der Empörung entgegen. Das Einsehen über die gewonnene Sicherheit kommt erst viel später. Der massive Zugewinn an Parkplätzen wird nicht gleich verstanden. Es wird der Umweg kritisiert, der Mehrverbrauch an Treibstoff und was dann noch so alles ins Gespräch kommt.

VORSCHLAG

Lassen wir eine flächendeckende Expertise erstellen, diskutieren wir dann die schrittweise Umsetzung. Beziehen wir die Bürger mit ein. Jeder kennt seine Straße und die Probleme.

Wie breit muss eine Straße sein StVO?

Laut StVO (Straßenverkehrsordnung) gilt: „Das Parken ist verboten auf Fahrbahnen mit Gegenverkehr, wenn nicht mindestens zwei Fahrstreifen für den fließenden Verkehr frei bleiben. “ Die Breite der Fahrbahn muss daher mindestens 5,2 Meter plus der Breite des parkenden Kraftfahrzeugs betragen. 20.06.2016

pastedGraphic.pngWie breit ist eine Dorfstrasse?

Zur aktiven Senkung der Geschwindigkeiten und zum Erhalt des Charakters einer Dorfstraße sprechen wir uns deshalb für eine vergleichsweise schmale Asphaltbreite (5,00 m) mit großzügig gepflasterten Seitenräumen aus.

Wie breit ist durchschnittlich ein Auto?

Unsere Recherchen von 281 aktuellen Fahrzeugmodellen zeigen, dass rund 77 Prozent breiter als zwei Meter sind, 29 Prozent sogar breiter als 2,10 Meter.” Dabei zeigt sich eine Spannweite von durchschnittlich 1,94 Meter Gesamtbreite bei Kleinst- und Kleinwagen sowie 2,16 Meter bei Oberklasse Limousinen und SUV. 02.08.2017

3 Kommentare

  1. Sehr geehrter Herr Gerhart,

    Vielen Dank für Ihre Erläuterungen zur Verkehrssituation.
    In der Tat ist ein Teil des Straßennetzes im Ort zu einer Zeit entstanden, wo man noch hoch zu Ross, bzw. mit Fuhrwerken unterwegs war. Auch ein guter Teil der “neueren” Straßen wurden augenscheinlich nicht auf das aktuelle Verkehrsaufkommen (gestiegene Einwohnerzahlen und erhöhter Mobilitätsbedarf pro Person) ausgelegt. Die Platzsituation in weiten Teilen des Ortsgebiets lässt hier nur sehr eingeschränkt Veränderungen zu.

    Ihre Forderung nach Einbahn- und Ringführungen ist ja in Teilen bereits realisiert – man bedenke die Brunnergasse, Wienergasse. Sonnbergstr., Höhenstr., etc. – doch würde eine Ausweitung dieses Konzepts zB. auf die Elisabethstr. nur begrenzt Linderung verschaffen, da ja letztendlich weitere Strecken im Ortsgebiet zurückgelegt werden müssen. Die zusätzliche Kapazität des Straßennetzes wäre somit gering, das Verkehrsaufkommen noch (!) höher.

    Als einzig nachhaltige Richtung sehe ich alle Maßnahmen, die einer weiteren Zunahme des Autoverkehrs entgegenwirken, idealerweise durch Angebote und Alternativen, weniger durch Verbote:

    – Bessere Infrastruktur für Radfahrer
    – Durchgängige Gehsteige
    – Verstärkung der S-Bahn, Perchtoldsdorf zur Kernzone integrieren
    – Wiederaufnahme des Regelverkehrs auf der Kaltenleutgebner Bahn
    – (Wieder)Verstärkung des Ortsbusses
    – Erhalt/Ausbau der Einkaufsmöglichkeiten & Arbeitsplätze vor Ort
    – Begrenzung des Zubaus im Ortsgebiet

    Es gibt im Ort verschiedene Interessengruppen (Parteien, Vereine, etc.), die sich mit diesem wichtigen Thema befassen. Gerne können auch Sie sich dort einbringen.

    Freundliche Grüße!
    Hendric Stattmann

    1. Sehr geehrter Herr Gerhart,

      da es in Perchtoldsdorf nicht nur um die Bedürfnisse des Autoverkehrs geht – immerhin werden auch in Perchtoldsdorf 43% der Wege autofrei zurückgelegt – muss die Perspektive weiter gespannt werden. Zu welchen Ergebnissen das führen kann, besprechen wir im Ambros-Rieder-Gassen-Webinar am 4.12.
      Siehe: https://perchtoldsdorfmobil.wordpress.com/2023/11/28/die-ambros-rieder-gasse-reden-wir-in-ruhe-daruber/

      Freundliche Grüße
      Christian Apl

  2. Sie haben Recht.
    Aktuell gekauft werden vermehrt Fahrzeuge, die für die Infrastruktur in der sie verwendet werden zu groß sind.
    Im Gelände haben Geländewagen keine Schwierigkeiten. Im Dorf schon.
    An der Schlosseinfahrt hat eine Limousine keine Schwierigkeiten. Im Dorf schon.

    Die von ihnen skizzierte Problematik ergibt sich aus der Zweckentfremdung der Vehikel. Ich denke sie stimmen mir zu, dass es ist fahrlässig ist, einem Anwendungsfehler Rechnung zu tragen.

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